Fast ein Kurzkrimi

(…) Laszlo hatte den Blick eines Geigers, den das Schicksal auf einer Beerdigung spielen ließ. Als Sänger machte er keine Karriere, auch nicht als Wirt. Als Vater blieb er lediglich Erzeuger – das Schicksal meinte es nicht gut mit ihm.

In ihm kochte diese besondere Eifersucht, zu der nur Väter in der Lage sind, aber auch die immer noch andauernde Wut auf Ingeborg, die heute zum letzten Mal die Gilda gesungen hatte. Es war damals eine schöne Nacht mit der Czardasfürstin gewesen, aber dass sie ihn danach fallengelassen hatte wie eine heiße Paprikaschote, hatte er ihr nie verziehen.

Claudia lacht über die verstaubten und abgestandenen Theateranekdoten von Karl-Heinz Runge zu laut und zu lange. Sie wollte einmal die Geliebte eines Herzogs sein, und Karl-Heinz Runge hatte den Stiefvater längst im Chianti classico ertränkt. Er geht ihr an die Bluse, die ohnehin geöffnet ist Wie er über Claudia herzog, der Herzog, bringt Laszlos Blut mehr in Wallung, als Karl-Heinz´ Lebenssaft noch zu wallen in der Lage ist. Als beide gerade zu Runges Bungalow aufbrechen wollen, erinnert sich Laszlo – Gott weiß, woher er das weiß – an die Schlacht auf dem Lechfeld, in der Otto I. im Jahre 955 den Ungarn den letzten Schneid abgekauft und sie vernichtend geschlagen hatte. Seither gibt es Ungarn nur noch in Ungarn.

Bis auf Laszlo. Der steht jetzt rachsüchtig und angriffslustig in der Kantine des Theaters, 500 Kilometer nördlich vom Lechfeld. Plötzlich geht er mit entschlossener Miene nach hinten und kommt mit einem großen Küchenmesser in der Hand zurück. (…)